Was sollen Kinder heute lernen? Welche Kompetenzen, welche Pädagogik brauchen sie? Diese Fragen werden hitzig debattiert – zu Hause, in der Schule, in Medien und Politik. Sicher ist, dass Architektur beim „Reformieren“ eine wesentliche Rolle spielt. In Oberösterreich wurde das bereits erkannt.
Tobias Hagleitner | HYPOtime, 2018/III
Der Raum gilt manchen als dritter Pädagoge, der neben Lehrperson und Schulkollegen prägend wirkt. Das Bauwerk also ist am Lernerfolg und an der positiven Entwicklung beteiligt, ob wir wollen oder nicht. Wie sieht aber der geeignete Raum für zeitgemäßes Lernen aus? Die Gangschule, wie wir sie kennen, Klassenzimmer an Klassenzimmer in Reih und Glied, hat jedenfalls ausgedient. Das ist 19. Jahrhundert. Das Schulhaus von heute muss auf ein Leben in der globalisierten Wissensgesellschaft vorbereiten. Dafür braucht es Architektur, die selbstständiges Handeln und die Zusammenarbeit in der Gruppe gleichermaßen fördert. Es braucht Räume, die zu vernetztem Denken inspirieren, über Fach- und Klassengrenzen hinweg, mithilfe aktueller Mittel. Zugegeben, das klingt theoretisch und abstrakt. Umso besser, dass es schon einige Vorzeigeprojekte gibt im Land, wo das ganz konkret und praktisch zu erleben ist.
Wallern
Das jüngste Beispiel ist die neue Volksschule für Wallern an der Trattnach. Mitten im Ortskern gelegen, wird Schule hier nicht als geschlossene Institution verstanden, sondern als Teil des gesellschaftlichen Lebens. Vorplatz, Pausenhof und Garten des neuen Hauses kommen dem Dorfgefüge insgesamt zugute. Turnsaal und Bücherei werden extern mitgenutzt. So wie sich schulisches und öffentliches Angebot durchdringen, so ist die Architektur insgesamt von Durchlässigkeit und Nutzungsüberschneidungen bestimmt. Die Klassen sind zu je vieren zusammengefasst, mit einem gemeinsamen Bereich in der Mitte für die Arbeit in kleinen bis größeren Teams. „Cluster“ nennt sich das Konzept. In Wallern gibt es oben zwei davon und im Erdgeschoß einen zusätzlichen für Musik, Werken und Nachmittagsbetreuung.
Pregarten
Der alte Schulbestand mitsamt Werkstätten, Sportbereich und Schwimmhalle ins neue Bildungszentrum integriert. Poly, Mittelschule und Stadtbibliothek sind nun unter einem Dach vereint. Auch hier folgt die Architektur der Überzeugung, dass Wissen nicht mehr nur im Frontalunterricht von oben nach unten vermittelt werden kann, sondern dass die Kinder durch den Austausch untereinander lernen und sich mit ihren Interessen und Fähigkeiten aktiv in den Bildungsprozess einbringen sollen. Den nötigen Raum dafür bieten wiederum die offenen Gemeinschaftsflächen zwischen den Klassen. Die Cluster haben in Pregarten mit Atrien und Terrassen auch attraktive Ableger ins Freie.
Feldkirchen
Nicht weniger komplex und noch vielfältiger genutzt ist das Schul- und Kulturzentrum in Feldkirchen an der Donau. Zuerst wurden Turnsaal und Musikprobelokal erneuert und mit der neuen Musikschule zum Kulturzentrum gefasst. In einem zweiten Schritt wurde die Volksschule ersetzt und ergänzt um einen Eingangs- und Verbindungsbau, der den erhaltenen Bauteil der Mittelschule miterschließt. Die Idee, dass Offenheit, Lebendigkeit und Kommunikation für eine Schule unerlässlich sind, durchzieht das komplexe Raumgefüge von der Aula über Lern- und Spielräume bis ins sorgsam konzipierte Mobiliar.
Die Reihe ‚Architektur in Oberösterreich‘ im Kundenmagazin der HYPO Oberösterreich entstand auf Initiative von Tobias Hagleitner und in Kooperation mit dem afo architekturforum oberösterreich.