Bauen kostet Geld. Es verbraucht Energie, Rohstoffe und Boden. Schon deshalb ist der vorhandene Vorrat an Gebautem kostbar. Es gilt, die Qualitäten historischer Substanz zu erkennen, sie zu aktualisieren und sinnvoll neu zu nutzen. Drei Beispiele behutsamer architektonischer Updates.
Tobias Hagleitner | HYPOtime, 2018/I
Als schnelllebig empfinden viele die Zeit und als kurzlebig die Dinge. Ob Socken, Computer oder Auto, kaum etwas hält länger als ein paar Jahre. Leider bleibt auch das Bauen von der Wegwerflogik nicht verschont. Mit verkürztem Blick auf Zeitgeist und Rendite entstehen Häuser mit geringer Aussicht auf ein langes Leben. Nicht unbedingt, weil sie so schlecht gebaut wären, eher weil sie nicht gerüstet sind für gesellschaftlichen Wandel, für sich ändernde Bedürfnisse. Historische Bauten können das oft besser. Sie sind von solider, großzügiger Struktur und einfach in der Konstruktion. Sie wurden mit Rücksicht auf örtliche Zusammenhänge in Dorf, Stadt oder Landschaft gesetzt. Sie wurden ökonomisch konzipiert, das heißt mit angemessenen Mitteln auf möglichst lange Dauer angelegt.
Reparieren
Mit diesen Voraussetzungen kann ein Gebäude äußerst lange attraktiv und nützlich bleiben. Warum nicht ein halbes Jahrtausend? So alt sind Teile des Hauses, das im Ensemble mit Pfarramt, Schloss und Kirche den Dorfplatz von Lindach in Laakirchen formt. Architekt Bernhard Frodl war es wichtig, dessen hohes Alter nicht zu leugnen. Die Reparaturen am Bestand, der früher als Kornspeicher genutzt war, beschränkte er aufs Notwendigste. In Abstimmung mit dem Denkmalamt gelang es, die nötige Haustechnik und ein erschließendes Stiegenhaus zu integrieren. So wurde das Haus als vollwertiger Wohnraum nutzbar. Die wenigen Ergänzungen – filigrane Balkone, die Stiege aus Stahl und Eichenholz, neue Portale – kontrastieren in ihrer linearen Präzision ganz bewusst mit den Wölbungen und gekrümmten Linien des Bestands.
Revitalisieren
Die Innenstadt von Ried im Innkreis kämpft mit Leerstand. Auch das denkmalgeschützte Haus aus dem 16. Jahrhundert, das von Architekt Herbert Schrattenecker in eine attraktive Wohnanlage verwandelt wurde, war zuvor bis auf das Ladenlokal im Erdgeschoß ungenutzt. Jetzt sind zwölf Wohnungen um den vormals komplex verbauten Innenhof gruppiert. Mit planerischem Geschick wurde Platz geschaffen für Stiegen, Lift und Laubengänge, für Balkone und sogar etwas Grün. Weil der sumpfige Untergrund für Tiefbau problematisch ist, erhielt das Wohn- und Geschäftshaus zum Parken eine „Hochgarage“ im ersten Stock.
Renovieren
Eine zeitgemäße Kombination aus Wohnen und Arbeiten wurde auch in einem Altbau in Micheldorf realisiert. Errichtet im 18. Jahrhundert für die Familie einer Kremstaler „Sensendynastie“ sollte der ursprüngliche Charakter des mehrfach adaptierten Hauses wieder zur Geltung kommen. Gemeinsam mit Architekt Michael Schröckenfuchs gelang es der Eigentümerfamilie, den Wohnbereich komplett ins Obergeschoß zu verlegen, während darunter Einliegerwohnung und Atelier unterkamen. Bei aller Achtung für die Substanz zeigt das Projekt doch Mut zu Neuem: Eine Terrassenplatte mit Freitreppe aus Beton verbindet Haupt- und Nebenhaus und dient zugleich als Carport. Drei vollgeschoßige Fensteröffnungen sorgen innen für mehr Licht. Auf die übliche, oft entstellende Außendämmung konnte durch ein eigens entwickeltes wandintegriertes Heizsystem verzichtet werden.
Die Reihe ‚Architektur in Oberösterreich‘ im Kundenmagazin der HYPO Oberösterreich entstand auf Initiative von Tobias Hagleitner und in Kooperation mit dem afo architekturforum oberösterreich.